Mythos
im Zeichen des
Cavallino rampante
W
enn ein Café Enzo heißt, sich die Bar schräg ge-
genüber „Warm up“ nennt und beide als Adresse
die Via Alfredo Dino Ferrari haben, dann erübrigt sich
wohl die Frage, in welcher Stadt wir sind. Richtig: Ma-
ranello. Das Mekka der Ferrari-Liebhaber, die Geburts-
stätte unglaublicher Rennsport-Triumphe aber auch
Tragödien, nach denen die Bewohner der ganzen Regi-
on Trauer trugen. Und über allem thront das Cavallino
rampante, das schwarze, sich aufbäumende Pferd.
In Maranello werden Ferraris
nicht nur gebaut. Maranello ist
Ferrari. An jeder Straßenkreu-
zung, in jedem Geschäft, an je-
der Gehsteigecke. Ferrarirot an
allen Ecken und Enden.
Von Rupert LENZENWEGER
Ob es jetzt den Pfarrer noch
gibt, der nach jedem Sieg eines
Ferraris unabhängig von Tages-
oder Nachtzeit alle Glocken
der Kirche in Maranello bim-
meln lässt, konnten wir nicht
feststellen. Weil wir erstens an
einem Freitag in Maranello wa-
ren und das war, zweitens, im
vergangenen Jahr, und da hat
Ferrari kein einziges Formel
I-Rennen gewonnen. So kurz-
zeitige Erfolglosigkeiten kön-
nen dem Mythos Ferrari aber
nichts anhaben. Weil was be-
deutet schon ein siegloses Jahr
in einer mehr als 85-jährigen
Erfolgsgeschichte?
Große Teile dieser Erfolgs-
geschichte können im Ferrari
Museum näher unter die Lupe
genommen werden. Das sind
gewissermaßen heilige Hallen,
ganz in rot, wohl sortiert und
auch für Normalsterbliche er-
reichbar. Im Gegensatz zu der
direkt in der Nähe befindli-
chen Fabrik und der Test- und
Rennstrecke in Fiorano, auf die
man nur von der Straße SP3
aus zwischen den Bäumen ei-
nen kurzen Blick werfen kann.
Vorausgesetzt, der kleine Hü-
gel ist nicht von Schaulustigen
überbevölkert. Und die knotzen
dort, sobald unten auf der Stre-
cke auch nur ein Motor zu hören
ist. Schlängelt sich ein Fahrzeug
dann auch noch für alle sichtbar
durch das Kurvengeflecht der
Strecke, brandet auf der Natur-
tribühne Applaus auf.
Zurück ins Museum. Da ist
natürlich sehr viel Raum der
Formel I gewidmet. Autos aller
Epochen sind zu sehen, aufge-
schnitteneMotoren geben einen
Blick auf die Technik frei. Da-
zu gibt´s eine Helmsammlung.
Die reicht von den Lederkap-
perln, wie sie Alberto Ascari
oder Luigi Villoresi trugen, bis
hin zum Hightech Helm, der
Michael Schuhmacher schütz-
te. Dazwischen steht auch Ni-
ki Laudas Kopfschutz aus den
1970er Jahren. Ein aus heutiger
Sicht auch nicht wirklich Ver-
trauen erweckender Deckel ...
Ferrari ist aber nicht nur
Es muss nicht immer Formel I sein: Ferrari war und ist in
vielen Rennserien erfolgreich.
„Gefechtsstand Formel I“. Was wir sonst nur aus dem Fernsehen kennen, gibt´s im Museum
hautnah. Eine Kommandozentrale, wie sie für die Renningenieure in der Boxenstraße der For-
mel I steht.
Bilder:
Rule und Rupert Lenzenweger jun.
Der Tipo 637 wie er bei Indy-Rennen in Amerika zum Einsatz
kam.