Juni
V
ereinsausflüge gehören zu den Höhepunkten ei-
nes jeden Clubjahres. Egal, ob Feuerwehr oder
Goldhaubengruppe, ob Gesangsverein, Thea-
tergruppe oder Sportclub. Einmal im Jahr geht
man gemeinsam auf Reisen und es gibt kaum ein
Clubmitglied, das an diesem Tag nicht Zeit hätte. Das ist jetzt
nicht immer so. Frage nicht. Weil wenn du jemand brauchst,
der dir dabei hilft, das Vereinsheim zu putzen, ein Fest zu or-
ganisieren, etwas auf einer Behörde zu erledigen oder einfach
nur beim Festzug in der Nachbargemeinde mitzumarschieren.
Na dann, eh schon wissen: Immer die gleichen dabei. Weil die
anderen haben keine Zeit. Zufällig Kindergeburtstag an diesem
Tag, oder der einzige Besuch der Schwiegermutter im ganzen
Jahr fällt mit dem Putztermin im Vereinsheim zusammen. Oder
die Frau muss zum Frisör und wer soll dann auf die Kinder
aufpassen? Ausgerechnet der Chef will etwas an diesem Tag,
obwohl eigentlich Freizeit wäre. Ausreden über Ausreden, die
da auf einen Obmann und seine paar wackeren Männer aus dem
Vorstand niederprasseln.
Aber komisch. Wenn der Vereinsausflug auf dem Programm
steht, haben plötzlich alle Zeit. Muss halt die Schwiegermutter
warten. Oder he, Chef, heute habe ich doch frei und die Lo-
cken der Göttergattin halten leicht noch eine Woche. Und wenn
nicht? Die Kinder sind ja eh schon groß. Die paar Stunden kön-
nen sie locker alleine bleiben.
Wem das jetzt bekannt vorkommt: Willkommen im Club der
Obleute, der Kümmerer und Sorger, der Antreiber und Ideenge-
ber, der Macher und Gasgeber. Aber bevor ich mich jetzt ganz
vergaloppiere mit diesemThema, kommen wir zum Punkt: Beim
Pfitschigogerlverein des Mondseelandes läuft´s nicht anders.
Obmann Franz Münzerl und sein Stellvertreter Manfred Kampl,
Kassier Rudolf und sein Stellvertreter Adi, die sind immer da,
wenn der Verein sie braucht. Zum Arbeiten genauso, wie zum
Pfitschigogerln, der eigentlichen Aufgabe des Vereins.
Dass diese Handvoll wackerer Männer natürlich auch den
Vereinsausflug organisiert, ist eh klar. Schlecht machen sie
das nicht. Das muss ich jetzt auch einmal recht deutlich sagen.
Weil, die tun sich schon etwas an. Ist ja auch gar nicht so ein-
fach. Finde einmal ein Ziel, mit dem alle zufrieden sind. Weil
mit Tiergarten oder Erlebnispark, mit Flughafen oder einem
Kirtag da hast vielleicht früher punkten können. Aber heute, da
war schon jeder überall. Da ist es gar nicht so leicht, ein attrak-
tives Ziel zu finden.
Ob jetzt der Franz oder der Rudi, der Manfred oder der Adi
die Idee zum heurigen Vereinsausflug hatte, kann ich jetzt gar
nicht mehr sagen. Ist aber auch gar nicht so wichtig. Und weil
ich niemand länger auf die Folter spannen will, sag ich´s kurz
und schmerzlos: Baumgipfelweg in Kopfing. Was soll ich da
jetzt noch groß sagen: Alle begeistert. Alle wollten mit und
auch noch deren Frauen und Kinder. Enkelkinder auch ein paar.
Quasi Familienvereinsausflug halt.
Jetzt muss ich schon noch ganz kurz einwerfen, dass der
Franz und seine Männer nie etwas dem Zufall überlassen. Weil
wenn schon organisieren, dann gleich ordentlich. Bei so viel
Engagement versteht sich jetzt eigentlich selbst, dass der Ru-
di und der Manfred, der Adi und auch der Ernst, von dem bis
jetzt noch nicht die Rede war, der aber auch zu den Zuverlässi-
gen zählt, den Ausflug schon vor dem Ausflug einmal gemacht
haben. Probeweise, sozusagen. Weil du musst ja wissen, wie
das so ist, wennst 40 Meter über dem Boden so zwischen den
Baumgipfeln des Sauwaldes balancierst. Außerdem sollst dich
bei der Anfahrt nicht verfahren. Moment, da muss ich jetzt et-
was erwähnen, was ich eigentlich schon ganz oben hätte sagen
sollen, aber einfach vergessen habe: Die Pfitschigogler machen
die Ausflüge meist in Privatautos. Weil das ist billiger und mit
dem beim Bus gesparten Geld, wird dann einfach die Zeche
bezahlt. Egal, ob einer ein oder fünf Bier getrunken hat. An
diesem Tag sind die Pfitschigogler einfach großzügig. „Da
rechnen wir jetzt nicht nach“, pflegt der Obmann Franz in sol-
chen Situationen zu sagen und gibt sich großzügig. Weil er sich
sicher ist, dass er nicht zu den Verlierern gehören wird. Weil
sechs, acht Bier in geselliger Runde, für den Franzl überhaupt
kein Problem.
Wennst jetzt als Leser wissen willst, wieso das mit den Pri-
vatautos so eine wichtige Rolle spielt, dann kann ich das verste-
hen. Weil auf den ersten Blick ziemlich nebensächlich. Geb´ ich
zu. Aber nur, weilst noch nicht die ganze Geschichte kennst.
Ich könnte jetzt noch viel erzählen, fasse mich aber kurz.
BeimAusflug war auch Herbert mit. Das ist einer jener wacke-
ren Männer, die immer dann von der Schwiegermutter besucht
werden, wenn der Verein ihn brauchen würde. Ja, Schwie-
germama war jetzt vielleicht nur ein Beispiel, weil so oft im
Jahr kommt die auch wieder nicht. Aber du verstehst mich
schon: Herbert praktisch nie da, wenn Arbeiter gefragt wären.
„Schnorrer“, sagen manche im Verein. So weit würde ich jetzt
Der Verei
Josef R. Ghezzi