2015
Kurzgeschi cht e
5 5
auch wieder nicht gehen. Obwohl, wenn ich mir anschaue, dass
auch seine Frau mit ihrer Mutter und die drei Kinder beimAus-
flug mit waren, kann ich die, die den Herbert einen Schnorrer
nennen, schon ein bisserl verstehen.
So, jetzt muss ich noch etwas nachtragen. Aber das geht auch
kurz, weil das kennst ja eh: Ausgerechnet die, die eh nie da
sind, kritisieren die, die etwas tun immer, am meisten. So einer
ist auch der Herbert. Dem ist auch nie etwas recht, weil selber
könnte er ja alles viel besser, wenn er nur ein bisserl mehr Zeit
hätte ...
Beim Ausflug nach Kopfing war´s auch so. Bäume zu
hoch, Wetter zu schlecht, Aussicht lächerlich, Bier zu warm,
Schweinsbraten zu wenig knusprig, Kaffee nur eine Brühe,
Kellnerin langsam und unsympathisch. Das einzige was ge-
passt hat war, dass der Herbert nichts zu bezahlen brauchte.
Auch der Kolonne zur gemeinsamen Heimfahrt wollte sich
der Herbert nicht mehr anschließen. Weil schon bei der Anreise
nach Kopfing hat ihm das Navi eine ganz andere Route emp-
fohlen, wie die, die der Franz als Vorausfahrzeug genommen
hat. Aber eh klar. Franz kein Navi, immer noch altmodischer
Straßenkartenleser. Aber der Herbert, der hat schon TomTom
oder Garmini oder was weiß ich für ein Zeugs im Auto. Auf
alle Fälle: die Satelliten wissen es besser. Ganz kurz noch und
ganz ehrlich: Dass sich der Herbert nicht mehr der Gruppe an-
geschlossen hat, gestört hat das niemanden. Um es einmal di-
plomatisch auszudrücken.
Wohin die Pfitschigogler auch fahren und was immer sie dort
auch gemacht haben. Dass sie vor der endgültigen Heimkehr
ins Mondseeland noch beim Troadkast´n in Oberhofen zukeh-
ren, hat einfach Tradition und braucht nicht genauer abgespro-
chen zu werden.
Das war auch diesmal so. Als alle um den großen Stammtisch
saßen, fehlten nur der Herbert und seine Passagiere. Eigentlich
müssten die längst da sein. Weil, eh wissen: Kürzeste Route,
schnellste Strecke, bestes Navi.
Auch nach einer halben Stunde war Herbert noch nicht da
und da konnte es sich der, vor wenigen Stunden von Herbert
noch so kritisierte, Obmann Franz nicht verkneifen. Er griff
zum Handy und rief Herbert an. Der war noch auf dem Rück-
weg und erst im Kobernaußerwald. Dass alle anderen längst
die erste Halbe getrunken und schon bei einer Runde Schnaps
saßen, obwohl sie kein Navi auf dem schnellsten Weg heimge-
lotst hatte, trieb dem Herbert den Zorn ins Gesicht.
Was dann im Kobernaußerwald passierte, erfuhren die Ver-
einsmitglieder erst ein paar Tage später und dann auch nur
durch Zufall, weil halt alte Sprichworte doch stimmen und
„Kindermund wirklich Wahrheit kund tut.“
Wer die Straße durch den Kobernaußerwald kennt, der kennt
auch die lange Gerade vor Höcken. Kilometer weit nichts außer
gerade Straße. Aber halt doch nur ein Hunderter erlaubt. Und
immer wieder Polizisten im Gebüsch. Gibt ja genug Sträucher
in einem Wald. Natürlich hat das alles auch der Herbert ge-
wusst. Aber wennst zornig bist, vergisst vieles. Und so ist es
dem Herbert ergangen. 162 hat auf der Laserpistole des Polizis-
ten aufgeleuchtet. Der ist trotzdem noch freundlich geblieben,
als er den Herbert endlich zum Stehen gebracht hat.
„Eigentlich“, hat der Polizist nach Aussage des Kindermun-
des zum Herbert gesagt, „müsste ich mit Ihnen gar nicht mehr
reden. Es würde genügen, Ihnen an Ort und Stelle den Führer-
schein abzunehmen.“
Aber der Polizist hatte Erbarmen und wollte anstatt des Füh-
rerscheins 200 Euro. So viel Geld hatte jetzt der Herbert aber
gar nicht mit. Also musste er Schwiegermutter, Frau und Kin-
der als Pfand an Ort und Stelle lassen und sich aus dem Banko-
mat in Schneegattern die notwendigen Scheine ziehen.
Dass Herbert und seine Familie diesen Ausflug nicht mehr
mit einer Einkehr zwecks geselligem Beisammenseins im
Troadkast´n abgeschlossen haben, versteht sich eigentlich von
selbst.
Für Herbert war die Sache auch nach dem Bezahlen der 200
Euro noch lange nicht ausgestanden. Er hatte damit zwar den
Polizisten vom Hals, hatte sich aber den unangenehmsten aller
Feinde geschaffen: die Ehefrau. Die war nach diesem Vorfall
wochenlang gar nicht gut auf ihren Gatten zu sprechen. Denn
genau an dem Wochenende des Vereinsausflugs hatte ein Dis-
konter eine zweitägige Flugreise nach Lissabon um 198 Euro
für zwei Personen im Angebot.
Als Frau Herbert ihren Mann zu dieser All-inklusiv-Reise
überreden wollte, zeigte der ihr die kalte Schulter: „Ich reiß´
mir das ganze Jahr über für den Verein den Arsch auf und be-
komme nicht mehr als einen feuchten Händedruck. Da fahren
wir alle beim Vereinsausflug mit. Da haben wir auch ein schö-
nes Wochenende und kosten tut´s uns auch nix.“
Bist auch schon neugierig, ob Herbert nächstes Jahr beim
Ausflug wieder dabei ist? Weil vorher sehen ihn die Pfitschigo-
gler garantiert nicht mehr.
So, und das sollst zum Abschluss jetzt auch noch wissen.
Schon ein paar Tage später hat die Frau vom Herbert in einem
Reisebüro für sich und ihre Freundin ein Luxus-Wochenende
in Lissabon gebucht. Zum regulären Preis von 398 Euro pro
Person.
nsausflug