Background Image
Previous Page  23 / 64 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 23 / 64 Next Page
Page Background

2 3

2015

Bruno Löschenkohl, dessen

Vater die letzte große Messer-

macherei im Trattenbachtal mit

bis zu 16 Mitarbeitern betrie-

ben hat. Am wahrscheinlichs-

ten ist, dass die Feitel in Afrika

für irgendwelche Erntearbeiten

verwendet wurden.

Inzwischen ist das Taschen-

feitel-Machen nur mehr eine

Liebhaberei, die aber nach wie

vor in den Händen der Famili-

en Löschenkohl liegt. Johann

Löschenkohl betreibt den klei-

nen Betrieb und heute werden

im Trattenbachtal jedes Jahr

rund 20.000 Taschenfeitel her-

gestellt. Zu wenig, um zu leben

und so gibt es von den Lö-

schenkohls längst auch andere

Messer, Bestecke und S-Eisen

für die Baumpflege.

Dass das Trattenbachtal in-

zwischen ein Museumsdorf

geworden ist, in dem die Be-

sucher noch lückenlos die

Produktion von Taschenfeiteln

miterleben können, liegt nicht

nur am Traditionsbewusstsein

der Löschenkohls, sondern ist

auch der Landesausstellung zu

verdanken, die hier 1998 statt-

gefunden hat. „Damals wurde

wirklich viel Geld in die Hand

genommen, um die alten Pro-

duktionsstätten zu bewahren

und in Betrieb zu halten“, sagt

Bruno Löschenkohl.

Freilich, Einiges hat sich

doch geändert: Die Griffe für

die Taschenfeitel werden nicht

mehr von Drechslern aus der

Region aus heimischen Buchen

und Ahorn hergestellt, sondern

kommen aus Italien. Und die

Chinesen haben auch einmal

kurz versucht, den Trattenbach-

talern Konkurrenz zu machen.

acherwerkstatt.

Auf mächtigen Maschinen

entstehen zierliche Messer.

Die Kraft

kommt vom Lederriemen an der Decke.

das billigste Messer der Welt

Allerdings haben sie die Griffe

aus Plastik produziert und da-

mit einen glatten Bauchfleck

hingelegt.

Gleich geblieben ist in den

vergangenen 500 Jahren, dass

nach wie vor weltweit alle

Taschenfeitel aus dem Trat-

tenbachtal kommen und der

Trattenbach ist noch immer

die Energiequelle des Dorfes.

Er treibt nicht nur die Maschi-

nen für die Feitelproduktion

an, sondern versorgt auch die

meisten Häuser dieser Region

mit Strom. Nur die Sonne, die

lässt sich nach wie vor in den

finsteren vier Monaten des

Jahres nicht im Trattenbachtal

blicken.

Der Rundgang durch das

Museumsdorf ist erst dann ab-

geschlossen, wenn man sich im

Museumsshop seinen eigenen

Taschenfeitel gemacht hat. Das

ist gar nicht so schwer: Blech-

schelle über den Holzgriff und

das Messerblatt kräftig in den

Schlitz gedrückt. Dann werden

Griff und Schneid mit einer

Ahle ausgerichtet und mit ei-

nem Nagel zusammengenietet.

Fertig.

Natürlich habe ich mir auch

einen Feitel gemacht. Den

bekommt in ein, zwei Jahren

mein Enkel. Vorher muss ich

die Klinge aber noch über ei-

nen Schleifstein ziehen. Weil

inzwischen weiß ich aus eige-

ner, leidvoller Erfahrung, dass

sich kleine Helden sehr wohl

kräftig in den Finger schneiden

können …

www.ooemuseums-

verbund.at/

museum/188_museumsdorf_

trattenbach

Unter fachkundiger Anleitung

kann sich jeder im Museumsshop

selbst einen Taschenfeitel machen.

So einfach können Dinge sein,

die Jahrhunderte überdauern. Ein

Taschenfeitel besteht nur aus vier Teilen: Griff, Klinge, Blechring

und Nagel. Zusammengebaut wird der Feitel mit Hammer, Zange

und Ahle.

Bilder: Rule

Ze i t -Re i se