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dern, so dass nur die korsische

Variante lesbar bleibt. Franzö-

sisch ist in Korsika zwar Amts-

sprache. Aber vor allem im

Landesinneren sprechen viele

„korsisch“. Das ist eine Mi-

schung aus Französisch und ei-

nem großen Teil toskanischem

Italienisch.

Wer viel in den Bergen unter-

wegs ist, erlebt die schönsten

Facetten des Motorradfahrens

und ist die meiste Zeit alleine

unterwegs. Denn das Landesin-

nere ist nur schwach besiedelt.

Die kleinen Bergdörfer schmie-

gen sich wie Schwalbennester

an die bewaldeten Berghänge.

Die Dorfplätze sind klein und

unglaublich steil. Die wenigen

Gassen sind eng und oft für

Autos nicht befahrbar. Ist auch

gar nicht notwendig, weil meist

wohnen eh nicht mehr als 400

Leute in den Dörfern, von de-

nen jedes einzelne eine Film-

kulisse sein könnte.

Krasser Gegensatz dazu sind

die Städte Bastia an der Ostküs-

te und die HauptstadtAjaccio an

der Westküste. Hektischer Ver-

kehr und geschäftiges Treiben

prägen hier das Leben. Corte

im Landesinneren ist ähnlich.

Zwar wesentlich kleiner als die

beiden anderen Städte, aber als

Universitätsstadt vor allem ein

Treffpunkt der jungen Leute.

Vom Trubel der Hauptstadt

haben wir uns schon nach einer

Nacht verabschiedet und nach

dem Besuch der steinzeitlichen

Ausgrabungen in Filitosa wie-

der den Weg in die Berge ein-

geschlagen. Zonza war unser

Ziel. Das haben wir über den

Umweg über Aullene, Zicavo,

Santa Maria Sicche und über

den 995 Meter hohen „Col de

St. Eustache“ erreicht. Hier

tauchen mit der Bavella-Grup-

pe plötzlich Berge auf, wie

es sie sonst auf ganz Korsika

nicht gibt. Scharf gezackt er-

innern die roten Riesen zumin-

dest von der Form her stark

an die Dolomiten. Dass diese

Berge Wanderer und Bergstei-

ger anlocken, ist nicht weiter

verwunderlich. Und so hat sich

mit Zonza ein zentraler Ort für

Naturliebhaber, Wanderer und

Bergsteiger entwickelt, die vor

allem aus Frankreich und Itali-

en kommen.

Die atemberaubendste Stadt

ist Boncifacio, ganz im Süden

der Insel. Wer mit dem Segel-

boot kommen möchte, muss

zunächst durch die „Straße von

Bonifacio“. Eine Meerenge

zwischen Sardinien und Korsi-

ka, in der der Wind stets kräftig

bläst und sich nicht selten zu

einem Sturm hochschaukelt.

Wer mit dem Segelschiff die-

se Meerenge durchquert und

schließlich im gemütlichen Ha-

fen von Bonifacio festmachen

kann, hat sich damit so etwas

wie den seglerischen Ritter-

schlag verdient.

Nicht ganz so aufregend ist

die Anfahrt mit dem Motorrad

vom Norden her. Bevor man

auf den „Highway“ einbiegt

und mehrere Kilometer schnur-

gerade auf Bonifacio zurollt,

grüßt noch der steinerne Löwe.

Das ist ein Felsen, der einem

sitzenden Löwen zum Ver-

wechseln ähnlich sieht und hät-

te ein Bildhauer diese Skulptur

geschaffen, könnte man ihm

großes künstlerisches Talent

nicht absprechen.

Die Altstadt von Bonifacio

sitzt auf Kreidefelsen, die meh-

rere hundert Meter senkrecht

ins Meer abfallen. Enge Gas-

sen, geschäftiges Treiben und

auch im Mai schon viele Tou-

risten bestimmen hier das Stra-

ßenbild. Der zweite Teil der

Stadt ist das moderne Hafen-

viertel, das die Franzosen gerne

als die südlichste Flaniermeile

ihres Landes bezeichnen.

Nach gut 1.400 Kilometer

quer durch Korsika sind wir am

letzten Tag wieder in Bastia ge-

landet. Wir lassen uns in einem

der gemütlichen Cafés am alten

Hafen nieder, bestellen das aus

Kastanien gebraute Pietra und

freuen uns über die gelungene

Reise. Wir haben eine Insel

der Gegensätze kennen ge-

lernt, waren begeistert von der

Freundlichkeit der Korsen und

staunten über die unglaubliche

Schönheit der Natur.

Wenig später haben sich itali-

enische Motorradfahrer an den

Nebentisch gesetzt. Neuan-

kömmlinge, eben dem Bauch

der Fähre entkommen. Denen

haben wir erklärt, dass sie im

Paradies gelandet sind und hier

der liebe Gott ganz sicher auch

mit dem Motorrad unterwegs

ist. Die Italiener lachten und

meinten, dann ist der liebe Gott

aus Sardinien herübergekom-

men. Weil dort hat er garantiert

auch ein Motorrad stehen...

In sieben Etappen mit dem Motorrad durch Korsika:

1 = Bastia

über das Cap Corse bis I`lle Rousse. 2 = I`lle Rousse bis Corte. 3

= Corte bis Ajaccio. 4 = Ajaccio bis Zonza. 5 = Zonza bis Bonifa-

cio. 6 = Bonifacio bis Corte. 7 = Corte bis Bastia.

L´lle-Rousse

Bastia

Corte

Ajaccio

Zonza

Bonifacio

1

2

6

3

5

4

7

5 1

2 0 1 4

Ste-Lucie-de-Tallano

ist eines der schönsten Bergdörfer im Süden

von Korsika.

Bild und Grafik unten: Rupert Lenzenweger jun.

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