Apr i l 2015
Mindestens 250 Arbeitsstunden vergehen, bis die ersten Töne auf der neuen Geige erklingen können.
Der
Stradivari
aus Mondsee
eder hat so seine Klischees: Ein guter Koch muss dick sein. Ein seriöser Bankbeam-
ter schläft wahrscheinlich sogar mit der Krawatte. Ein Metzger muss ausschauen wie
der Hofstätter aus der Werbung, der was so ein Gesicht hat, wie die Tiere, die er für
seine Spezialitäten verarbeitet. Ein Lehrer muss – na eh schon wissen. Und ein
Geigenbauer? Ist etwas älter, hat einen buschigen Bart und lange graue Haare,
die er als Rossschwanz trägt.
Falsch. Der einzige Geigen-
bauer im Mondseeland passt
nicht ins Klischee. Cölestin J.
Kober ist 31 Jahre jung. Seine
Haare sind schwarz und kurz,
einen Bart hat er auch keinen
und seit fünf Jahren ist er so et-
was wie der Stradivari aus dem
Mondseeland.
Von Rupert LENZENWEGER
Instrumentenbau ist Handar-
beit. Geigenbauen ganz beson-
ders. Das beginnt bei der Aus-
wahl des Holzes und reicht hin
bis zum kunstvollen Lackieren
der Oberflächen. Bis dann die
ersten Saiten eingezogen sind,
vergehen mindestens 250 Ar-
beitsstunden. In dieser Zeit
sind neben dem handwerkli-
chen Geschick vor allem auch
Geduld und Präzision gefragt.
Der Resonanzboden wird
auf Ahornbrettern grob ausge-
schnitten, der Resonanzdeckel
ist aus Fichte. Das Griffbrett ist
aus Ebenholz. Mit Stemmei-
sen, Hobeln und Schleifpapier
werden die einzelnen Teile in
Form gebracht. Erst grob, dann
immer feiner. Da muss jeder
Handgriff wohl überlegt sein
und genau sitzen. Dazwischen
wird mit einer Lehre immer
wieder gemessen. Weil nur,
wenn Boden und Deckel die
richtige Stärke haben, klingt
später die Geige gut.
Herzklopfen, wenn die Gei-
ge zum ersten Mal erklingt?
„Herzklopfen vielleicht jetzt
nicht, aber ein ganz besonderer
Moment ist das schon“, sagt
Cölestin J. Kober, der komplet-
te Geigen selten baut. Es sind
vor allem Reparaturen, die er
in seiner Werkstatt durchführt.
Das beginnt beim Einziehen
neuer Saiten bei einer Gitar-
re und endet bei schwierigen
Holzausbesserungsarbeiten
bei uralten Geigen. Da kann es
dann schon vorkommen, dass
ihm besonders edle Instrumen-
te in die Hände fallen. So wie
jüngst. Da hat ein Vater eine
alte, verstaubte Geige vorbei-
gebracht. Kober sollte sie wie-
der so weit fit machen, dass
die Tochter die ersten Kratzer
darauf üben kann. Bei näherer
Betrachtung stellte sich diese
Geige als ein wertvolles In-
strument heraus. Viel zu scha-
de für eine Anfängerin.
Auf der einen Seite ist es das
mehr als 400 Jahre alte Gei-
genbauer-Handwerk, das Ko-
ber so fasziniert und das er von
der Pieke auf in der Instrumen-
tenbauschule in Hallstatt ge-
lernt hat. Auf der anderen Seite
begeistert den jungen Geigen-
bauer die moderne Technik.
Er verbindet beides und baut
Elektrogeigen. Die gibt es in