Das außergewöhnliche Interview
Seite 11
Juni 2015
Abfall?
Mitnich-
ten! Vielmehr
ein Festmahl
für Maxi und
Moritz, unsere
beiden Redaktions-
katzen.
Das Fest
des
Huhnes
Egal, ob ein Vereinsjubiläum gefeiert, ein Tanklöschfahrzeug gesegnet oder
eine Straße dem Verkehr übergeben wird. Spätestens nach den letzten Worten der
Reden haben die Festgäste nur mehr eine Frage: Wo gibt´s die Hendln?
I
m Volksmund werden sie
liebevoll „Gummiadler“
genannt und bei jedem
Fest stellen sie alle Promi-
nenten in den Schatten. Weil,
ehrlich: Was ist auch schon ein
Landtagsabgeordneter, ein Na-
tionalrat oder sogar ein Mi-
nister gegen ein saftiges Grill-
hendl? Wir baten so ein Grill-
hendl zum Interview.
Sie sind der eigentliche Star
bei jedem Fest. Trotzdem hal-
ten Sie sich dezent im Hinter-
grund.
Grillhendl:
„Ich seh´ mich
jetzt gar nicht so als Star. Ich
würde sagen, dass ich einfach
dazugehöre. Das hat Tradition
und was wäre bei uns ein Fest
ohne saftige Grillhendln?“
Was sind Ihre besten Beila-
gen?
Grillhendl:
„Auf alle Fälle
würde ich einmal sagen, dass
eine Halbe Bier dazu gehört.
Ob jemand lieber eine Semmel
oder Pommes frites dazu isst,
ist mir persönlich jetzt völlig
egal. Wobei viele Leute glau-
ben, dass Pommes frites nicht
so gesund sind ...“
... Was ja auch von Hühn-
chen immer wieder behaup-
tet wird.
Grillhendl:
„Das stimmt. Da
ist in den vergangenen Jahr-
zehnten wirklich sehr viel da-
neben gegangen. Wir werden
alle industrieartig gezüchtet.
Das führt nicht nur dazu, dass
wir immer schwerer werden,
sondern auch immer kürzer le-
ben. So dauert es inzwischen
nur mehr gut einen Monat, bis
wir schlachtreif sind. Vor 50
Jahren durften wir noch dop-
pelt so lange leben. Außerdem
wird viel darüber diskutiert,
wie ungesund inzwischen das
Hendlfleisch ist. Das kann ich
selbst jetzt natürlich nicht be-
urteilen, möchte aber so sagen:
Hin und wieder ein Hendl scha-
det garantiert nicht, sondern ist
ein echter Genuss.“
Liegt Ihre Bekanntheit viel-
leicht auch ein bisschen da-
ran, dass Sie sogar in Bü-
chern und Filmen verewigt
wurden?
Grillhendl:
„??? - Ach, jetzt
verstehe ich. Sie denken wahr-
scheinlich an Max und Moritz,
die beiden Lausbuben, die der
Witwe Bolte die, in der Pfan-
ne liegenden, Hähnchen durch
den Kamin stehlen. Ja, das ist
eine lustige Geschichte. Es gibt
auch einen guten Film, bei dem
wir und die Menschen im Fest-
zelt die Hauptrolle spielen.
„Fest des Huhnes“ ist der Titel
dieses witzigen Streifens. Auch
sonst kommen wir Hendln im-
mer wieder und überall vor. So
waren wir im Fresskorb für die
Großmutter, beim Wolf und
den sieben Geißlein, jedes Kind
kennt das Küken Calimero und
es gibt uns als Plüschtiere in je-
der Form.“
Kommen wir wieder zurück
in den Alltag. Wie isst man
ein Henderl? Mit oder ohne
Besteck?
Grillhendl:
„Da gehen
die Meinungen aus-
einander
und manche
Witzbolde sagen sogar, dass ich
eigentlich „Händl” heißenmüss-
te, weil sie mich mit der Hand
essen. Ich glaube, jeder sollte
mich so essen, wie ich ihm am
besten schmecke. Wobei jeder
irgendwann einmal seine Hän-
de verwenden muss. Weil Kno-
chen abfieseln, das geht mit kei-
nem Besteck, ist aber das Bes-
te an mir. Besonders sympa-
thisch sind mir die Leute, die
dann auch noch meine Knochen
mit nach Hause nehmen, um da-
mit ihren Katzen einen Lecker-
bissen zu bereiten. So kommen
dank mir dann auch noch die
Stubentiger zu ihrem Fest.“
Interview: Rupert Lenzenweger