Frohe Weihnachten
Jänner 2015
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raten würde. Also märchenhaft
klein.“
Wieso ist das so?
Christbaum:
„Daran sind Leu-
te schuld. Einen normalen Baum
will sich keiner mehr ins Wohn-
zimmer stellen. Es muss ei-
ne Nordmann-Tanne sein. Weil
die riecht nicht, die nadelt nicht
und die sticht nicht. Kurzum: der
Baum muss pflegeleicht und per-
fekt proportioniert sein. Schauen
Sie sich doch einmal um. Das
mit dem Christbaum hat ja auch
Maße angenommen, dass einem
schlecht werden könnte. Die
Leute übertrumpfen sich ja ge-
genseitig. Jeder will den schöns-
ten Christbaum haben. Da muss
jedes Asterl sitzen und jeder
Zweig die richtige Länge haben.
Da können wir knorrigen Bur-
schen aus dem Wald halt nicht
immer mit.”
Und wo kommen die Nord-
mann-Tannen her?
Christbaum:
„Ursprünglich
kommt die Nordmann-Tanne aus
dem Kaukasus. Bei uns wachsen
diese Bäume ausschließlich in
Reservaten.Angelegt von Christ-
baumproduzenten. Diese Plan-
tagen sind inzwischen so groß,
dass fast der gesamte Christ-
baumbedarf in Österreich abge-
deckt werden kann. Es werden
daher längst nicht mehr so vie-
le Christbäume importiert, wie
noch vor ein paar Jahren. Übri-
gens haben alle österreichischen
Christbäume ein Schlauferl, an
dem sie als Einheimische er-
kennbar sind.“
Es gibt aber auch lebende
Christbäume, die man nach
dem Fest in den Garten set-
zen kann.
Christbaum:
„Ja, und das sind
manchmal recht arme Kollegen,
weil sie das nicht überleben. Da-
zu muss man wissen, dass es
zwei Arten von lebenden Bäu-
men gibt. Die gedrückten, die
hauptsächlich aus Holland kom-
men und erst als große Bäume in
den Topf gepresst werden. Die
überleben das Umsetzen dann
oft nicht. Die im Topf gezoge-
nen Bäume haben es da besser.
Grundsätzlich aber gilt: Je klei-
ner der lebende Christbaum, des-
to eher überlebt er seineAussied-
lung in den Garten.“
Wie bleiben Sie über die Weih-
nachtsfeiertage frisch?
Christbaum:
„Zunächst sollten
wir möglichst spät geschlägert
werden. Das können aber nur
die Leute beeinflussen, die sich
den Baum direkt beim Produzen-
ten kaufen. Die bei den Christ-
baummärkten angebotenen Bäu-
me werden schon Wochen vor-
her geschlägert. Im Wohnzim-
mer selbst sind wir über Wasser
im Christbaumständer froh. Da-
mit kann man uns auch etwas fri-
scher halten.“
Wie alt muss man sein, um ein
Christbaum werden zu dür-
fen?
Christbaum:
„Das kann man
jetzt nicht so generell sagen.
Aber ich weiß, dass der durch-
schnittliche Christbaum in Öster-
reich zwölf Jahre alt und 1,7 Me-
ter groß ist. Dabei sind nur mehr
ein Viertel meiner Kollegen hei-
mische Bäume wie Fichte, Tan-
ne, Stech- oder Blaufichte.“
Die Frage zum Schluss: Was
wünschen Sie sich zu Weih-
nachten?
Christbaum:
„Ich wünsche
mir, dass ich in eine Familie
komme, die mich schätzt und
die eine Freude an mir hat, ob-
wohl nicht alle meine Äste ganz
gerade sind. Und dass ich nicht
schon am 27. Dezember ent-
sorgt werde, wie das auch im-
mer öfter der Fall ist. Weil die
Menschen da schon wieder ge-
nug haben vom Fest, weil Sie
Geschenke umtauschen rennen
müssen oder kein Sonderange-
bot versäumen wollen, von de-
nen die megagroßen Einkaufs-
tempeln kurz vor dem Jahres-
schluss noch Dutzende auf den
Markt werfen.“
Interview: Rupert Lenzenweger
Der mit den Bäumen sprechen kann:
Servicegärtner Reinhard Sperr hat das Interview mit dem Christ-
baum übersetzt.
umwäre gerne
baum”